Sorgt die Smartwatch für eine Neue Quarzkrise?

Für Uhrenliebhaber, speziell Vintage-Fans, ist die Quarzkrise in der Uhrenbranche ein Riesen Thema, da diese sich in unvergleichlicher Weise auf den Uhrenmarkt, auf die Uhrenhersteller und auf die Uhrenmodelle ausgewirkt hat. Immer wieder fällt dieses Stichwort. Vor allem in letzter Zeit, in der mehr und mehr von Wachstumseinbruch, Smartwatches oder Problemen bei der Lieferung von Uhrwerken und Uhren Ersatzteilen für Markenuhren die Rede ist. Aber was steckt hinter der sogenannten Quarzkrise?

Die große Uhrenkrise durch Quarzuhren

Die Krise in der Uhrenindustrie in den 1970er und 1980er Jahren hängt mit der Entwicklung der Quarzuhr zusammen.

Zu Beginn der 1970er Jahre wurden die mechanischen Uhren immer weiter entwickelt und mit allerlei technischen Innovationen ausgestattet, um auf dem Uhrenmarkt mithalten zu können. Die Uhren sollten vor allem immer präziser werden. Je höher die Ganggenauigkeit war und je höher die Gangreserve war, desto größer der Erfolg bei den Kunden. Nebenbei wurden allgemein die Langlebigkeit und die Robustheit der Uhrenwerke und Uhrengehäuse auf die Spitze getrieben. Die damals neu entwickelten Quarzuhren konnten in allen Punkten die bisherigen mechanischen Uhren überbieten. Und war noch dazu unschlagbar günstig.

Die Miniaturisierung der Elektronik hatte etwa ab dem Jahr 1970 zu der Entwicklung der ersten Digitalstoppuhren und Quarz-Armbanduhren geführt. Die ersten Armbanduhren mit Quarz gab es offiziell ab etwa 1967. Diese erste elektronische Armbanduhr aus der Schweiz hatte noch eine klassische Anzeige mit Uhrenzeigern. Zuvor hatte bereits Seiko 1969 in Japan eine Quarzuhr entwickelt, die für die Massenproduktion gedacht war und einen riesigen Boom auslöste.

Wie funktioniert eine Quarzuhr?

Quarzuhren sind mit Quarzkristallen ausgestattet. Statt einer mechanischen Unruh werden diese Kristalle in Bewegung gesetzt. Dafür wird Strom (eine Batterie) benötigt. Die Schwingung durch die Quarzkristalle gehen an den Uhrenmotor weiter und dieser hält dann den Uhrenzeiger im Takt. Und das bei einer sehr hohen Ganggenauigkeit. Die Abweichung liegt durchschnittlich nur bei 0,02 Sekunden im Monat. Das bedeutet, eine solche Uhr ist sehr viel genauer als eine mechanische Uhr, die von einer Uhrfeder angetrieben wird. Je höher die Frequenz des Taktgebers ist, desto genauer geht eine Quarzuhr. Hier sind auch Abweichungen von 15-30 Sekunden im Monat normal und immer noch sehr genau.

Eine Quarzuhr ist aber eben keine mechanische Uhr. Sie ist eine elektronische oder elektromechanische Uhr. Ihr Taktgeber ist ein sogenannter elektronischer Quarzoszillator. Heutzutage gibt es bereits sehr komplexe Quarzuhrwerke mit den unterschiedlichsten Komplikationen.

Jaeger LeCoultre Werk

Jaeger LeCoultre QuarzWerk

„Swiss Made“ vs. Digitale Massenware aus Japan

Die Vorteile asiatischer Quarzuhren lagen von Beginn an auf der Hand – Sie bieten:

  • Hohe Ganggenauigkeit
  • Kaum Batteriewechsel nötig
  • Sind enorm preisgünstig

Und so lösten die Quarzuhren die sogenannte „Uhrenkrise“ aus. Der Uhrenmarkt konnte sich vor den beliebten, billigen Uhren nicht mehr retten und einige Uhrenmanufakturen konnten das nicht mehr mithalten. Man muss aber heute sagen, dass vor allem die großen Uhrenmarken diese Krise überstanden haben.

Man spricht in der Regel von der Quarzkrise der 70er Jahre, die bis in die 80er hinein andauerte. Mit der 1983 von der Swatch Group entwickelten Quarzuhr mit ETA Kaliber 2842 wurde ein neues Zeitalter eingeläutet, dass den Beginn der Geschichte der Digitaluhr darstellt, die wesentlich den Markt der 80er und 90er Jahre bestimmte. Digitalen Quarzarmbanduhren waren vor der Krise unfassbar teuer, doch nun konnte sie sich jedermann leisten.

Die Quarzuhren wurden unfassbar günstig und die Digitaluhr verkam zur Billiguhr, die in Massen produziert wurde und zur Wegwerfware wurde. In den Achtzigern wurde das immer weiter getrieben. Die Digitaluhren dieser Zeit hatten so viele digitale Funktionen und Spielereien wie möglich. Hier waren der japanische Hersteller Seiko und später auch die Swatch in aller Munde. Sie wurde als Markenuhr etabliert an der man nicht vorbeikommen konnte. Diese ersten Swatchuhren ließen die klassischen Digitaluhren richtig langweilig aussehen.

Diese Uhren (in Massen produziert) machten den mechanisch angetriebenen, hochwertigen Uhren solche Konkurrenz, dass sie eben eine echte Krise, die sogenannte Quarzkrise auslösten. Selbst Seiko, der Hersteller, der einst die Quarzwelle mit einer Quarzuhr losgetreten hatte, musste damals seine Luxusabteilung dicht machen.

Wenn man über die Uhrenkrise der 70er und 80er Jahre nachdenkt, dann fällt auch immer sofort der Name dieser japanischen Firma, die mit ihren Quarzuhren den Uhrenmarkt damals kräftig aufgemischt hat. Es handelt sich um der Uhrenhersteller Seiko. Der Hersteller hat bis heute (auch zu Unrecht) den Ruf nur billige Quarzuhren herzustellen, die unter Uhrenliebhabern teilweise sehr verpönt sind. Doch heute ist Seiko ein riesiger Industriekonzern und produziert unter anderem Millionen von Uhrwerken. Auch Automatikuhren werden angeboten. Dass Seiko auch Luxusuhren produziert, die sich mit Schweizer Qualitätsware durchaus messen können, ist bis heute weniger bekannt, setzt sich aber nach und nach durch. Genau wie den Schweizer Uhrenproduzenten geht es Seiko darum, die perfekte Symbiose von Mechanik und Elektronik in einer Uhr zu vermählen.

Omega Werk

Omega Werk

Die Mechanikuhr kam zurück – Stärker denn je

Nach der Uhrenkrise kamen die ersten, mechanischen Uhrenmodelle wieder auf den Markt und ab den 1990er Jahren konnten sich die Verkaufszahlen erholen. Die Uhrenliebhaber wurden wieder entdeckt und mit aufwendigen Werbemaßnahmen angesprochen. Vor allem die Schönheit der mechanischen Uhrwerke war es, die bei Uhrenfans wieder eine neue Leidenschaft entfachte und die Umsätze der Uhrenhersteller konnten sich erholen. Heute sind Luxusuhren, also hochwertige Qualitätsuhren mechanische Uhren. Hinzu kommt außerdem, dass diese Mechanikuhren samt ihrem Uhrwerk in Uhrenmanufakturen gefertigt werden – Das ist heute das wichtigste Kriterium für Qualität und Luxus.

Aber auch Automatikuhren erfreuen sich bei Uhrenfreunden großer Beliebtheit. Und zwar weil man sie nicht aufziehen muss. Es gibt auch Quarzuhren mit Automatik, hier ist eine Batterie nicht notwendig. Durch die Bewegungen des Uhrenträgers wird das Quarzuhrwerk mit Strom versorgt. Mit einer etwas anderen Technik ausgestattet aber im Endeffekt genauso funktionieren Automatik-Quarzuhren wie Sportuhren oder Pilotenuhren. Diese dürfen auch bei nicht-tragen möglichst nicht stehen bleiben und sind zusätzlich per Krone aufziehbar.

Automatik vs. Quarz – Eine Gegenüberstellung

Soviel vorweg – Uhrenliebhaber unterscheiden schon mal die Automatikuhr vom Handaufzug:

Bei Uhren werden gerne zwei Arten von Uhren gegenübergestellt. Einerseits sind moderne Funktionsuhren in der Regel Automatikuhren und andererseits loben Liebhaber besonders die klassische Uhr mit Handaufzug. Die letztere Variante ist dabei vielleicht weniger modern und praktikabel aber dafür haben die Uhren mit Aufzugskrone mehr Charisma und glänzen mit diffizile, genialer Technik die für Uhrenfans das Non-Plus-Ultra darstellt. Das Aufziehen der Uhr mit der Hand ist eben für viele Uhrenträger auch etwas Schönes und gehört einfach dazu. Ein weiterer Vorteil des Handaufzugs ist, dass diese Uhren auch eher schmal und elegant sein können. Hier punktet die Ästhetik.

Eine Automatikuhr ist vor allem im Alltag unersätzlich und muss nicht aufgezogen werden, da durch das Tragen der Uhr Energie erzeugt wird, welche die Uhr automatisch am Laufen hält. Zudem muss man sagen, dass eine Uhr, die per Hand aufgezogen wird natürlich auch durch diese Beanspruchung eher anfällig für Verschleißerscheinungen ist.

Wie unterscheiden sich jetzt die Quarzuhren von der Automatikuhr?

Hier ist der Antrieb innerhalb des Uhrwerks unterschiedlich. Während in Quarzuhren Quarzkristalle eingesetzt werden, die dafür verantwortlich sind, dass der Takt gehalten wird, funktioniert eine mechanische Automatikuhr so, dass eine Uhrfeder für den Antrieb erforderlich ist. Der Takt wird mechanisch vorgegeben. Der Nachteil besteht darin, dass eine Automatikuhr immer weniger genau läuft wie eine Quarzuhr. Allerdings braucht eine Quarzuhr eine Batterie. Die benötigte Energie bei der Automatik wird durch die Tragebewegungen erzeugt. Diese Uhren ziehen sich dadurch selbst auf. (Per Hand aufziehen ist hier nicht mehr notwendig) Diese Automatikuhren müssen allerdings in Gebrauch bleiben, damit sie nicht stehen bleiben. Manche Uhren kann man dann per Aufzugskrone wieder aufziehen oder per Schütteln wieder in Gang setzen. Manch ein Uhrenträger verwenden auch sogenannte Uhrenbeweger. Das sind Geräte, in die man die Uhren legen kann damit quasi die Tragebewegung nachgeahmt wird und somit bei Nicht-Gebrauch in Gang gehalten wird.

Preislich unterscheiden sich Automatikuhr und Quarzuhr so, dass eine Automatik immer teurer ist. Hinzu kommt, dass sie für heftige Bewegungen und sportliche Aktivitäten weniger geeignet ist. Quarzuhren sind dafür robuster, genauer und günstiger in der Anschaffung. Hier fehlt aber ein gewisses Image oder Prestige, das man beim Kauf einer Uhr als Markenprodukt bzw. Modeaccessoire immer mit erwirbt.

Wenn man die Preise von Quarz und Automatik vergleicht, dann muss man dazu sagen, dass bei eventuellen Reparaturkosten die Automatik auch bei der Reparatur wesentlich teurer ist. Trotzdem liegt der Nachteil eher bei den Quarzuhren, denn hier lohnt sich preislich eine Reparatur fast gar nicht.

Ventura VTec

Ventura VTec

Die Quarzkrise wirkt bis heute nach

Die Entwicklung der Quarzuhr hat bis heute Nachwirkungen. Und zwar wenn man sich die Problematik mit der Zulieferung von ETA Uhrwerken anschaut.

Während der Quarzkrise kam es nämlich dazu, dass sich die Hersteller, die die Rohwerke herstellten sich zusammenschlossen (um zu überleben) und durch Nicolas George Hayek (Gründer und Präsident des Verwaltungsrates der Swatch Group) kamen sie schließlich komplett in die Hand der Swatch Group. So lange die Werke an Dritte geliefert wurden, war das auch kein Problem. Doch nach Beendigung der Quarzkrise und den neu entdeckten mechanischen Uhren hatte es sich zum Problem entwickelt. Denn die Markenfirmen, die ihre Luxusuhren für vier- bis sechsstellige Beträge verkauften, griffen weiterhin auf die günstigen Uhrwerke von ETA zurück. Dieser Konflikt hat sich insofern zugespitzt, dass die Uhrwerke, die in den meisten Uhren verbaut werden oder deren Komponenten nicht mehr ausgeliefert werden. Das kann in Zukunft eventuell sogar zu einer erneuten Uhrenkrise führen.

Sehr interessant ist hier übrigens die Idee von Openmovement, welche Uhrwerke im Stile von Open Source (im Sinne von offen und frei verfügbar) entwickeln wollen. Das soll Hilfe und Unterstützung für kleinere Uhrenproduzenten bieten und kann unter Umständen sogar den Uhrenmarkt ein Stück weit revolutionieren

Kommt jetzt die neue Quarzkrise?

Es kann passieren, dass die Uhrenbranche nun erneut eine schwere Krise durchleben muss. Zumindest ist häufig schon von Schwierigkeiten und Rückgang des Wachstums die Rede. In diesem Zusammenhang werden folgende Gründe / Parallelen zur Quarzkrise genannt:

  1. ETA Werke, die in den meisten Markenuhren stecken, werden nicht mehr ausgeliefert – Die meisten Hersteller greifen zwar inzwischen schon auf Alternativen zurück oder fertigen eigene Uhrwerke an, aber trotzdem bezieht noch ein Großteil der Schweizer Marken die Werke von ETA und sind somit davon abhängig. (Hier spielen auch undurchsichtige Patentstreitigkeiten und Machtgefüge eine Rolle) – Genau wie bei der damaligen Quarzkrise betrifft es vor allem die kleineren Betriebe, da diese im Gegensatz zu den großen Luxusmarken in ihrer Existenz bedroht sind
  2. Etwa zeitgleich mit der Uhrenkrise kam es zu einer Entwicklung, die den Schweizer Franken und den Dollar betraf. Zugleich explodierte der Goldpreis – Auch heute verursachen wieder Währungsprobleme, Wechselkurs Änderungen und die Verteuerung des Franken Probleme in der Uhrenbranche
  3. Außerdem wird die Entwicklung der Smartwatch für viele als Bedrohung angesehen (Apple und Elektronikkonzerne greifen an), die mit der damaligen Entwicklung der Quarzuhr vergleichbar ist. Allerdings betrifft es hier auch wieder kleinere und mittelständische Betriebe, die mit der Entwicklung mit halten müssen um konkurrenzfähig zu bleiben. Es ist gut möglich, dass das für den Markt von Luxus Chronographen großer Marken nicht von so großer Bedeutung ist, da diese erstens inzwischen eigene Smartwatches kreieren und weil es weiterhin genug Liebhaber mechanischer, klassischer Uhren gibt
  4. Ein weiterer Grund für die Veränderungen in der Uhrenbranche: Der Markt in China hat sich stark verändert. Hier gibt es neue Bestimmungen zur Verhinderung der Korruption. Zudem greift die Apple Watch einen großen Teil der Kunden derzeit noch zusätzlich ab.

Fazit: Trotz dieser Gründe muss das nicht unbedingt heißen, dass die Uhrenbranche in nächster Zukunft zusammenbricht, denn die konventionellen Luxusuhren aus dem Hause Rolex & Co können sehr wohl parallel neben den Smartwatches existieren. So ist zumindest die Meinung der meisten großen Uhrenhersteller bisher. Allerdings dürften die Uhren im mittleren bis unterem Preissegment unter der Einführung der Apple Watch leiden. Die großen Schweizer Uhrenmarken, die Uhren im hohen Preissegment anbieten, konzentrieren sich weiterhin größtenteils auf ihre traditionellen Modelle. So war auf der SIHH 2015 Uhrenmesse in Genf bisher keine Smartwatch zu finden. Die Ausnahme bildet Montblanc, die das Montblanc e-Strap vorstellten. Dieses Armband lässt sich mit dem Smartphone verbinden.

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